Great Ocean Road, 06.02.-07.02.2011

Auf, auf zu einem der Highlights australischer Landschaften. Glaub ich jetzt mal, schließlich gehört die Great Ocean Road zu den Gegenden, die man offensichtlich gesehen haben muss, wenn man dieses Land betritt. Das sagen alle.

„Unser Inder“ hat mir eine Tour-Company empfohlen, mit der er unterwegs und von der er ziemlich begeistert war. Also buche auch ich dort und hoffe auf einige nette Mitreisende. Dominant in dem kleinen Bus sind zwei englische Kerls, die genauso sind, wie englische Kerls eben nunmal sind und weshalb ich ein gespaltenes Verhältnis zu Großbritannien habe. Außerdem zwei junge Kanadierinnen, die alles darauf setzten die beiden Kerls zu beeindrucken, die ihrerseits gar keinen Hehl daraus machen beeindruckt zu sein und selbst beeindrucken zu wollen (ich schätze mal, das ist der Grund für das Gockelgehabe). Außerdem gibt es noch ein paar Päärchen, ein Mädel, das eindeutig nach Ami aussieht und auch so klingt (in einer ruhigen Minute muss ich wirklich mal drüber nachdenken, gegen wen ich eigentlich keine Vorurteile habe), ein paar Menschen, die ich bereits vergessen habe und eine Chinesin mit ihrer Mutter. Mit den beiden habe ich auf den Bus gewartet und es war wirklich nett, aber diese Mutter-Tochter-Kombination hat wirklich etwas Seltsames… wisst ihr was ich meine, wenn ich davon spreche, dass man unterschwellig den Freiheitsdrang der Tochter nicht nur erahnen konnte?

Der erste Streckenabschnitt der „Great Ocean Road“ haut mich nicht wirklich vom Hocker und langsam beschleicht mich das Gefühl, dass ich mir mit meiner Neuseelandreise wirklich so manchen Spaß vermiest habe… es ist halt eben wirklich schwierig etwas ähnlich Schönes zu finden. Naja, es ist ja erst der Anfang, außerdem bin ich müde und es kann ja nur besser werden… hoffentlich hält das Wetter! Oder wird am besten noch ein bissi schöner… ich mache doch so gerne Fotos mit blauem Himmel. Nicht zu Letzt um alle Daheimgebliebenen ein wenig neidisch zu machen… ist Winter gerade bei euch, oder? Ach ja… Februar… da ist es ja meist besonders grau und fies. Ja… eigentlich ist es doch recht schön hier.

In der ersten Pause gibt’s Tee, Kaffee und Kekse. Da ist mir die Tour doch gleich noch viel angenehmer, soooo schwer ist es schließlich auch nicht, mich glücklich zu machen. Während ich also den ersten Coffein-Schub des Tages gegen meine Müdigkeit ankämpfen lasse, gesellt sich die Amerikanerin zu mir, die allerdings Italienerin (auch das noch!) ist. Schon nach einem kurzen Wortwechsel stellt sich aber heraus, dass Italienerinnen, die aussehen und reden als wären sie Amis fürchterlich nette Menschen sind, mit denen man sich unglaublich gut unterhalten kann. Wenn ich schon verallgemeinere, dann tue ich das doch hier gleich auch. Mit Alice jedenfalls verstehe ich mich auf Anhieb, schon alleine weil sie auch immer erklären muss, wo ihr Akzent her kommt und sie diese Frage in vielen Fällen nur noch gelangweilt beantwortet. Auch ich muss zugeben, dass ich kürzlich, als mich ein mir nicht gerade sympathischer Deutscher danach fragte, mit einem unterhaltungsverkürzenden „Weil ich ein Streber bin!“ geantwortet habe. Der Gute wollte bloß selbst ein Kompliment für sein Englisch bekommen. Seh ich ja gar nicht ein.

Nachdem Alice und ich also, natürlich nicht ganz ironiefrei, sämtliche Fragen abgearbeitet haben, die man sich im täglichen Reise-Smalltalk so gegenseitig stellt, sind wir schnell bei Themen über Gott und die Welt angekommen. Ich freue mich, dass es nach den Tagen in Melbourne gleich wieder so weitergeht. Schließlich sind die sich ständig wiederholenden Unterhaltungen (denen man normalerweise aber auch nicht aus dem Weg gehen kann, wenn man jemanden gerade erst getroffen hat) unglaublich ermüdend. Vielleicht geht es hier in Australien auch mehr um meine Mitmenschen und deren Geschichten, als um schöne Aussichten und Sightseeing… dieser Gedanke ist es wert gedacht zu werden… und so sitzen wir im Minibus in der Reihe der Alleinreisenden hintereinander, sehen beide nach vorne (sich schlängelnde Küstenstraßen und nach hinten gucken mag mein Magen irgendwie nicht) und sind die einzigen im Bus die sich unterhalten. Naja, fast. Es gibt ja noch die Hühner und die Gockel.

Schon bald kommen wir am „Highlight“ der Great Ocean Road an. Den „Zwölf Aposteln“ – Felsen, die aus dem Wasser gucken, bzw. eigentlich mal Eins mit der Landmasse waren, Wasser hat Löcher rein gespült, bis irgendwann nur noch die Stumpen im Wasser standen… nix Neues, wenn man in Neuseeland war. Außerdem sind es auch gar keine 12 mehr, weil das Meer natürlich nicht aufhört an dem Stein herumzuschubbern, nur weil mittlerweile der Tourismus erfunden wurde. So stürzen sie Stück für Stück ein und ich nenne sie aufgrund ihrer aktuellen Anzahl recht liebevoll „Sieben Zwerge“.

Versteht mich nicht falsch. Schön ist die Landschaft hier schon. Sogar unglaublich schön. Einfach nur nicht so atemberaubend, dass ich naturverwöhntes Ding dafür neue Worte erfinden möchte. Außerdem sind es sowohl hier, als auch bei der London Bridge (eine ehemals brückenförmiger „Stein“ mit zwei Bögen) eher die Blicke in andere Richtungen, die mich faszinieren. Aber klar, ganz ohne Zweifel, es ist sehenswert.

Wie die Sieben Zwerge, so hat auch die London Bridge noch einen Namen, der gar nicht mehr zu ihr passt. Sie ist nämlich gar keine Brücke mehr. Als sie vor einigen Jahren einstürzte war dummerweise noch ein Päärchen auf der Seite der Brücke, die nach Einbruch eines Bogens nicht mehr am Ufer hing. Passiert ist zum Glück niemandem etwas, das Päärchen wurde vom Hubschrauber eines Fernsehsenders gerettet, verweigerte später aber doch das eigentlich vereinbarte Interview, denn die beiden waren eigentlich Hälften anderer Päärchen… außerdem gibt es noch das Gerücht, dass sie auch gar keinen Urlaub hatten, sondern sich an dem Tag haben krank schreiben lassen…

Als ich also an der „London Bridge“ stehe und über die Geschichte kichere (da hatte das Leben wirklich zu viel Zeit, einen Plan zu seinem eigenen Amüsement auszuhecken), höre ich plötzlich hinter mir eine bekannte Stimme, die mich auch noch anzusprechen scheint. Ich drehe mich um und sehe Freddy, einen Deutschen, der mit seiner Freundin in Neuseeland unterwegs war. Den beiden bin ich schon dort immer und immer wieder begegnet. Jetzt also auch in Australien. So wirklich groß kann diese Welt doch gar nicht sein. Oder ist es wirklich der Mangel an Statisten? Ich mag diese zufälligen Immerwiederbegegnungen einfach. Leider haben wir nicht wirklich Zeit, uns zu unterhalten, weil mein Bus sonst ohne mich wegfährt und ob ich das Glück habe im Notfall von einem Fernseh-Hubschrauber gerettet zu werden, wage ich zu bezweifeln.Vor allem weil ich mich ja vollkommen rechtens und ohne irgendetwas zu verheimlichen an der London Bridge aufhalte. Da hat das Leben nichts zum Lachen, das riskiere ich also mal lieber nicht.

Die Nacht verbringen wir in einer Art Hostel im Irgendwo. Zumindest rede ich mir das ein, denn vermutlich ist es doch eher das Nirgendwo. Auf dem Weg dorthin wird es langsam dunkel und in unregelmäßigen Abständen hüpfen Kängurus über die Straße. Amy – unser Guide – lässt sich dadurch aber nur wenig aus der Ruhe bringen und erzählt, dass neben „Parken“ und „Durchfahren kleinster Lücken“ auch „Wie überfahre ich ein Känguru korrekt“ wichtiger Bestandteil der Ausbildung als Tourbusfahrer ist. Vermeiden kann man Kollisionen mit den Hüpftieren nämlich leider nicht, daher geht es eher darum, sie im Notfall so zu erwischen, dass sie gleich sterben. Die Wildtiernothilfe erreicht man so weit außerhalb nämlich oft nicht und daher ist sonst oft die „aktive Sterbehilfe“ mit Hilfe eines schweren Gegenstandes die einzige Möglichkeit, den Tieren weitere Qualen zu ersparen. Einen gewissen Pragmatismus kann man den Aussies nicht absprechen, aber mal ganz ehrlich… kann es vielleicht sein, dass dieses Land mit all seinen Tierchen vielleicht einfach nicht dafür gedacht ist vom Menschen besiedelt zu sein? Die Themen Hitze und Wüste mal ganz außen vorgelassen…

Bei der Zimmereinteilung sind Alice und ich uns schnell einig, dass auf gar keinen Fall mit der Gockel-Hühner Truppe in einem Zimmer landen möchten, denn nach einem Tag Busfahren und im Freien spielen, sind wir hundemüde (wir sind ja auch keine 20 mehr) und die vier machen eher den Anschein auf Party auszusein. Ja, Leben. Ich sehe es ja ein. Du brauchst auch etwas zum Lachen. Natürlich landet genau diese Truppe in unserem Dorm. Wie lange und wie heftig sie noch im Aufenthaltsraum feiern, bekomme ich aber nicht mit. An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal herzlich und in aller Form bei meinem guten Schlaf bedanken. Ein Geschenk von Mutter Natur über das ich noch nie so froh war, wie auf dieser Reise.

Am nächsten Morgen dann können wir Kängurus aus etwas geringerer Entfernung beobachten. Auf einer Wiese lungern sie herum und… also…. so niedlich sie auch sind, wenn sie durch die Gegend hoppeln… sobald sie langsam gehen, sehen sie komisch aus, weil sie ihren Schwanz dann als quasi fünften Fuß mitbenutzen (das unterscheidet sie übrigens – neben der Größe – von den Wallabys) und das hat irgendwie was gebrechliches. Noch seltsamer allerdings sind liegende Kängurus. Schon mal gesehen? Ich hab noch nicht ganz die richtigen Worte gefunden, da höre ich Alice sagen „They look like old prostitutes!“ Volltreffer. Leider gelingt es mir nicht, ein gescheites Foto davon zu machen, aber wenn ihr mal irgendwo einem liegenden Känguru begegnet: Denkt an diese Zeilen!

Den weiteren Tag verbringen wir dann damit, uns wiedereinmal eine Aussicht zu verdienen. Da der Nationalpark wegen Überschwemmung geschlossen ist (wer hat eigentlich behauptet, Australien wäre trocken?), gehen wir irgendwo anders hin. Amy macht die Tour auf diese Weise zum ersten Mal, aber als wir so auf dem Hügel sitzen und uns umschauen sind wir uns mit ihr einig: so ein bisschen Wandern sollte in jeder Tour enthalten sein. Dann kommt man aus dem Bus raus und kann wirklich richtig genießen, was man sieht.

Dummerweise knickt Alice auf dem Rückweg um und muss unter Schmerzen zum Bus zurückhumpeln, während Amy nicht wirklich weiß, wie sie damit umgehen soll. Sollten Tour-Guides nicht auch auf so etwas vorbereitet sein (z.B. mit Kühlmittel und Verbandszeug) und nicht nur auf Begegnungen mit Kängurus?

Also laufe ich bei nächster Gelegenheit zum Supermarkt und stehe vor der Frage „Eiswürfel oder Erbsen?“ Wieder eine Frage, die ich mir noch nie vorher gestellt habe. Ich entscheide mich für die Eiswürfel, Erbsen wären aber glaube ich auch nicht schlecht gewesen. Was ich in jedem Fall mal hätte lassen sollen, ist Obst für die Weiterreise kaufen. Nach kurzer Zeit im nachfolgenden Linienbus heißt es nämlich: Pause und danach dürfen weder Obst und Gemüse mit an Board. Wir sind kurz davor die Grenze von Victoria nach South Australia zu überqueren und die Australier sehen in einem Apfel, der von einem Staat zum anderen gebracht wird, ungefähr so viel Gefahrenpotential, wie die Amerikaner in einem Lippenpflegestift, der sich nicht in einer wiederverschließbaren Tüte von max. 1 Liter Fassungsvermögen befindet oder die Deutschen in einer Kofferbombe. Und so sieht man auf dem Rastplatz eine nicht genau definierte Menge junger Menschen, die massenweise Obst in sich hineinstopft, um es nicht wegwerfen zu müssen. Um nicht zu viel der gleichen Sorte verdrücken zu müssen, wird außerdem getauscht, verschenkt, gehandelt und schließlich leider doch einiges in die nächstgelegene Mülltonne befördert… Als kleinen Racheakt denke ich darüber nach, der nächsten Fruchtfliege mal zu erzählen, dass sie einfach auf die andere Seite der Grenze fliegen kann…

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